Keine Faxpflicht bei beA-Ausfall: OLG Celle stärkt Anwälten den Rücken

Die elektronische Kommunikation mit Gerichten über das besondere Anwaltspostfach (beA) ist längst verpflichtender Standard. Doch was gilt, wenn die Technik auf Seiten der Justiz streikt? Das OLG Celle hat in einem aktuellen Beschluss klargestellt, dass Anwälte in solchen Fällen nicht verpflichtet sind, fristgebundene Dokumente ersatzweise per Fax zu übermitteln – auch wenn der beA-Versand scheitert (Beschluss vom 03.06.2025 – 14 U 226/24).
Inhalt
Der Fall: Technische Störung kurz vor Fristablauf
Ein Rechtsanwalt wollte eine umfangreiche Berufungsbegründung fristgerecht über beA an das Oberlandesgericht Celle senden. Doch die Übermittlung scheiterte wiederholt – fünf Versuche bis Mitternacht blieben erfolglos. Die Fehlermeldung lautete, dass die Nachricht den Intermediär des Empfängers nicht erreichen könne. Andere Gerichte konnte der Anwalt hingegen problemlos erreichen. Erst am Folgetag wurde die Ursache bekannt: Ein Fehler auf Seiten der Justiz-IT hatte die Übermittlung an das OLG Celle verhindert.
Entscheidung des OLG: Kein Verschulden des Anwalts
Der Anwalt beantragte daraufhin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – mit Erfolg. Das OLG Celle erkannte an, dass die Störung im Verantwortungsbereich der Justiz lag. Der Anwalt habe sich korrekt verhalten, indem er die Übermittlung mehrfach versuchte und keine Möglichkeit hatte, den Fehler vorherzusehen oder selbst zu beheben. Eine Pflicht zur Fax-Ersatzeinreichung ergebe sich in solchen Fällen nicht aus § 130d Satz 2 ZPO, wenn die Störung nicht dem Anwalt zuzurechnen sei.
Verhältnismäßige Anforderungen an die Fristwahrung
Das OLG betonte außerdem, dass die Justiz unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG gehalten sei, die Anforderungen an die fristwahrende Tätigkeit von Anwälten nicht zu überspannen. Wenn die elektronische Übermittlung objektiv gestört ist und der Anwalt berechtigterweise von einer kurzfristigen Behebung ausgehen kann, muss er keine alternativen Kommunikationswege wie Fax aktivieren. Ebenso sei es zulässig, die gesamte Frist auszuschöpfen.
Wichtige Leitsätze für die Praxis
- Bei technischer Störung auf Justizseite gibt es keine Pflicht zur Fax-Einreichung.
- Das beA dokumentiert Ihre Übermittlungsversuche automatisch. Im Fall von technischen Problemen können Sie diese Dokumentation als Nachweis verwenden.
- Stellen Sie nach Fristversäumnis sofort einen Antrag auf Wiedereinsetzung.
- Sie dürfen als Anwalt oder Anwältin die geltende Frist voll ausschöpfen.
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