BGH-Urteil: Krankheitsvertretung rechtfertigt nicht das Versäumen eigener Verhandlungstermine

Veröffentlicht von Anne am

Richter mit Hammer in Gerichtssaal

Ein Anwalt versäumt einen Einspruchstermin gegen ein Versäumnisurteil und verschuldet dadurch ein weiteres Versäumnisurteil – alles, weil er zuvor in anderer Sache als Vertretung einspringt. Der Bundesgerichtshof sieht hier ein klares Fehlverhalten (Urteil vom 30.1.2024 – VIII ZB 47/23). Was bedeutet das Urteil für die Praxis?

Ein Anwalt verpasste einen wichtigen Einspruchstermin in einer Kaufsache beim Landgericht (LG) Aachen, weil er zuvor für einen erkrankten Kollegen an zwei weniger bedeutenden Gerichtsverhandlungen in Essen teilgenommen hatte. Diese Termine, einer um 11:00 Uhr und der andere um 11:15 Uhr, betrafen das Einreichen von Anträgen und das Ansehen einer Videoaufzeichnung. Verzögerungen in Essen führten jedoch dazu, dass er den Nachmittagstermin um 13:00 Uhr im anderthalb Stunden entfernten Aachen verpasste.

Entscheidung des Gerichts

Das LG Aachen fällte ein Versäumnisurteil gegen den Käufer, welches durch das OLG Köln bestätigt wurde. Der BGH wies später die Rechtsbeschwerde des Anwalts zurück und befand, dass der Anwalt nicht ausreichend Gründe für die Verzögerung geliefert hatte. Außerdem habe er unangemessen gehandelt, indem er annahm, dass er die Termine in Essen rechtzeitig beenden und zum Termin in Aachen gelangen könnte. Der BGH betonte, der Anwalt hätte einplanen müssen, dass es bei den Terminen in Essen zu Verzögerungen kommen könnte. Darüber hinaus hätte er keinen Grund angegeben, warum die Fälle in Essen vorrangig behandelt werden sollten und sich deshalb nicht darauf verlassen dürfen, dass der Termin in Aachen verlegt wird.

Handlungsempfehlungen für Anwälte und Anwältinnen

Das Urteil verdeutlicht, dass Gerichtstermine sorgfältig ausgesteuert werden müssen. Folgende Tipps helfen bei der Priorisierung und Planung:

1. Übersicht bewahren: Behalten Sie stets eine klare Übersicht über alle anstehenden Termine und deren Priorität.

2. Zeitpuffer einplanen: Planen Sie ausreichend Zeit zwischen Terminen ein, insbesondere bei räumlichen Distanzen.

3. Vorausschauend handeln: Gehen Sie nicht davon aus, dass Gerichtsverhandlungen immer pünktlich beginnen oder enden. Berücksichtigen Sie mögliche Verzögerungen in Ihrer Tagesplanung.

4. Kommunikation mit Gerichten: Informieren Sie frühzeitig die zuständigen Gerichte, wenn Sie eine Terminüberschneidung erkennen. Bitten Sie gegebenenfalls um eine Terminverlegung, begründen Sie dies angemessen.

5. Prioritäten setzen: Erwägen Sie, welche Termine unaufschiebbar oder besonders wichtig sind. Fälle mit geringerer Priorität sollten nicht zu Lasten kritischer Termine gehen.

6. Vertretung organisieren: Sorgen Sie im Falle Ihrer Verhinderung für eine adäquate Vertretung, die alle Termine wahrnehmen kann, ohne die Qualität der Mandatsbetreuung zu gefährden.

7. Dokumentation und Kommunikation: Halten Sie alle Bemühungen um Terminverlegungen und die Kommunikation mit Gerichten sorgfältig dokumentiert. Dies kann bei Unstimmigkeiten als Beweismittel dienen.

8. Einsatz von Technologie: Nutzen Sie Tools zur Terminplanung und -verwaltung, um Überschneidungen und Konflikte zu minimieren.


Anne

Anne

Anne hat Medien- und Wirtschaftswissenschaften studiert und in verschiedenen Print- & TV-Redaktionen gearbeitet, für Produktionsfirmen und als Producer. Bei der DAHAG schreibt sie unter anderem Online-Ratgeber zu diversen juristischen Themen.

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