Businessplan: Must-have für die Kanzleigründung

Veröffentlicht von Anne am

Junger Anwalt in moderner Kanzlei

In der Geschäftswelt gilt: Kein Unternehmen ohne vernünftigen Businessplan. Der ist nicht nur für Banken und Kreditgeber wichtig, sondern vor allem für Sie selbst: Auch, wenn Sie sich eher als Jurist:in verstehen und weniger als „CEO“ Ihres (zukünftigen) Unternehmens – in der Praxis müssen Sie beide Rollen übernehmen. Und sich zusätzlich als CMO vermarkten, als CFO die Zahlen im Blick behalten und als COO das operative Geschäft managen. Von einer soliden Portion unternehmerischen Denkens profitieren Sie also auch als Anwalt oder Anwältin. Die Grundlage hierfür bildet Ihr Businessplan. Hier erfahren Sie, welche Komponenten er enthalten sollte und wie Sie häufige Fallstricke vermeiden.

Warum ein Businessplan für die Kanzleigründung?

Ein Businessplan ist mehr als nur ein formelles Dokument – er ist strategischer Leitfaden und Ihre Roadmap für den Aufbau und die Entwicklung Ihrer Kanzlei. Hier sind einige Gründe, warum Sie nicht auf einen Businessplan verzichten sollten:

  • Klarheit und Fokus: Ein gut ausgearbeiteter Businessplan hilft, Ihre Vision, Mission und Ziele klar zu definieren. Er zwingt Sie dazu, alle Aspekte der Kanzleigründung zu durchdenken und klare, erreichbare Ziele zu setzen.
  • Finanzierung: Wenn Sie eine externe Finanzierung benötigen, sei es durch Kredite oder Investoren, ist ein detaillierter Businessplan unerlässlich. Er zeigt potenziellen Geldgebern, dass Sie einen durchdachten und realistischen Plan haben, um Ihre Kanzlei zum Erfolg zu führen.
  • Risikoanalyse: Ein Businessplan ermöglicht es Ihnen, potenzielle Risiken und Herausforderungen zu identifizieren und Strategien zu deren Bewältigung zu entwickeln. Dadurch sind Sie besser auf unerwartete Situationen vorbereitet.
  • Strategische Planung: Mit einem Businessplan können Sie die langfristige Entwicklung Ihrer Kanzlei planen, Wachstumsmöglichkeiten identifizieren und Marketing- und Vertriebsstrategien festlegen.

Die wesentlichen Komponenten eines Businessplans für Anwält:innen

Ein vollständiger Businessplan sollte mehrere wichtige Komponenten enthalten, die alle Aspekte der Kanzleigründung und -führung abdecken. Hier ist eine detaillierte Übersicht:

Zusammenfassung (Executive Summary)

Bringen Sie auf den Punkt, welche Ziele Sie verfolgen und wie Sie diese erreichen wollen. Die Einleitung sollte kurz, prägnant und überzeugend sein.

Unternehmensbeschreibung: Ihre Rechtsgebiete und Leistungen als Anwalt oder Anwältin

Beschreiben Sie in diesem Abschnitt Ihre Kanzlei im Detail:

  • Welche Rechtsgebiete werden Sie abdecken? Haben Sie ein Alleinstellungsmerkmal (USP) oder sind hochspezialisiert? Das könnten Sprachkenntnisse sein (zum Beispiel Spanisch) in Kombination mit einem bestimmten Rechtsgebiet (zum Beispiel Immobilienrecht) und Ihr Spezialgebiet ist die Unterstützung von Mandant:innen bei der Abwicklung von Immobilienkäufen in spanischsprachigen Ländern. Diese Kombination dürfte zwar nicht einzigartig sein, bietet aber sicherlich eine herausragende Möglichkeit der Positionierung und Abgrenzung.
  • Wer ist Ihre Zielgruppe? Vielleicht möchten Sie insbesondere Frauen und queere Menschen vertreten. Oder Sie beraten in erster Linie Landwirtinnen und Landwirte, kennen sich nicht nur im Natur- und Tierschutzrecht bestens aus, sondern auch im europäischen Agrarrecht sowie im Gesetz über den Ausbau erneuerbarer Energien. Auch Medienanwält:innen für Fotografen und Designer findet man auch nicht an jeder Ecke. Die Beschreibung Ihrer Kanzlei sollte klar machen, wo Ihre Stärken liegen, was sie in Ihrem Bereich vielleicht sogar einzigartig macht und warum Mandant:innen genau bei Ihnen richtig sind.
  • Welche Leistungen wird Ihre Kanzlei anbieten? Besondere Dienstleistungen wie zum Beispiel Mediation oder spezielle Beratungen oder Vertrags-Checks sollten hier aufgeführt werden. Erklären Sie deren Mehrwert für Ihre Mandant:innen.
  • Wie ist Ihr Team aufgestellt? Erklären Sie die Struktur Ihrer Kanzlei und Ihrer Mitarbeitenden, sofern Sie kein(e) Einzelkämpfer(in) sind. Welche Qualifikationen und Erfahrungen bringen die Teammitglieder mit? Wie ist die Hierarchie aufgebaut? Warum starten Sie nicht gleich mit flachen Hierarchien? Dabei geht es weniger um Führungsebenen als vielmehr um eine moderne Denkweise, die auch in einer kleinen Kanzlei möglich ist. Ein paar Worte darüber in Ihrem Businessplan erwecken Vertrauen in Ihre Fähigkeit, die Kanzlei erfolgreich zu führen.

Lesen Sie mehr über flache Hierarchien in Anwaltskanzleien in unserem Beitrag „Ohne Rutsche zu mehr Schwung: Wie flache Hierarchien für frischen Wind in der Kanzlei sorgen“.


Marktanalyse

Sie kennen Ihre Zielgruppe. Doch wie erreichen Sie Ihre potenziellen Mandant:innen? Und wie viele Kolleg:innen besetzen in Ihrer Region dieselbe Nische? Sie wären die 22. Anwältin für Familienrecht in der Nähe des Amtsgerichts? Schwierig. Aber vielleicht sind Sie die einzige mit türkischen Sprachkenntnissen.

Denken Sie unternehmerisch: Eine fundierte Marktanalyse ist entscheidend, um die Konkurrenzsituation und das Marktpotenzial zu verstehen. Analysieren Sie jedoch mehr als nur Ihre Mitbewerber – identifizieren Sie idealerweise von vornherein Trends auf dem Rechtsmarkt, beispielsweise:

  • Künstliche Intelligenz (KI) und Legal Tech: KI-gestützte Tools zur Rechtsforschung, Vertragsanalyse, automatisierten Dokumentenprüfung und vielem mehr.
  • Remote-Arbeit und Flexibilität: Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass viele juristische Tätigkeiten auch remote erledigt werden können. Diese Flexibilität eröffnet viele Möglichkeiten: Beispielsweise ist Ihre Mandatsakquise nicht regional beschränkt, sondern Sie können Rechtsratsuchende aus ganz Deutschland ansprechen.
  • Freiberufliche Tätigkeit und Gig Economy: Es gibt einen wachsenden Markt für freiberufliche Anwälte, die auf Projektbasis arbeiten. Vielleicht ist das genau Ihre Nische?
  • Client Experience: Anwaltskanzleien investieren zunehmend in die Verbesserung der Kundenerfahrung und der Kommunikation mit ihren Mandant:innen.
  • Diversity and Inklusion: Es gibt einen zunehmenden Druck auf Kanzleien, diversere und inklusivere Arbeitsumgebungen zu schaffen. Auch durch Corporate Social Responsibility können Sie sich von Ihren Mitbewerbern abheben.

Diese Informationen helfen unter anderem dabei, gezielte Marketingstrategien zu entwickeln oder Ihren Bedarf im Bereich „Legal Tech“-Lösungen zu erkennen. Planung im Vorfeld ermöglicht auch, von Anfang an ein effizientes Office-Management zu etablieren. Und vor allem werden Sie durch eine gute Positionierung nicht nur Mandate gewinnen, sondern vor allem Mandant:innen, die zu Ihrer Kanzlei passen.

Marketingstrategie für Ihre Kanzlei

Ein erfolgreicher Businessplan enthält eine klare Marketingstrategie. Welche Kanäle werden Sie nutzen, um Mandant:innen zu gewinnen? Wie werden Sie Ihre Kanzlei bekannt machen? Planen Sie konkrete Maßnahmen für Online-Marketing, Networking und andere Marketingaktivitäten. Richten Sie ein Google-Unternehmensprofil als digitale Visitenkarte ein, noch bevor Sie eine eigene Kanzlei-Website haben. In unserem Artikel „Google Unternehmensprofil: So gewinnen Sie online mehr Mandanten für Ihre Kanzlei“ erfahren Sie, was das digitale Firmenschild noch kann.

Finanzplanung für die Kanzleigründung

Die Finanzplanung ist ein zentraler Bestandteil Ihres Businessplans und erhöht Ihre Chancen auf zinsgünstige Kredite. Möchten Sie mit einer schlanken Struktur, zum Beispiel mit flexiblen Büromodellen, oder denken Sie groß? Ermitteln Sie entsprechend detailliert, wie hoch die Kosten der Kanzleigründung sein werden und arbeiten Sie einen Finanzierungsplan aus, der aufzeigt, wie Sie den Kapitalbedarf für Ihre Anfangsinvestitionen und die Kosten des ersten Jahres decken wollen.

Natürlich sollte Ihre Finanzplanung berücksichtigen, was Sie erwirtschaften können, also Umsatz, Kosten und Gewinn prognostizieren. Fügen Sie eine Rentabilitätsanalyse für die ersten drei Jahre hinzu, um die zu erwartenden Umsätze mit den kalkulierten Kosten gegenzurechnen. Durch solide Liquiditätsplanung ermitteln Sie Ihren Cashflow, um jederzeit zahlungsfähig zu sein. Berechnen Sie für die Rentabilitäts- und Liquiditätsprognose idealerweise einen best case, worst case und ein Szenario für das zu erwartende realistische Mittelmaß.   

Anhang

Der Anhang kann zusätzliche Informationen enthalten, die für das Verständnis und die Bewertung Ihres Businessplans wichtig sind. Dazu können Lebensläufe der Teammitglieder, Verträge, rechtliche Dokumente und weitere relevante Informationen gehören.

Checkliste: Die wichtigsten Punkte Ihres Businessplans für die Kanzleigründung

Ihr Businessplan sollte folgende Komponenten abdecken:

  • Zusammenfassung: Kurze und prägnante Darstellung der Kanzlei und Ihrer Ziele, Überblick über die wichtigsten Punkte des Businessplans
  • Detaillierte Beschreibung der Kanzlei: Rechtsgebiete und angebotene Dienstleistungen, Zielgruppe und gegebenenfalls Alleinstellungsmerkmal (USP), Besonderheiten und Mehrwert für Mandant:innen
  • Marktanalyse: Analyse der Mitbewerber:innen, Identifikation von Markttrends, Positionierung und Definition Ihrer Nische
  • Organisation und Management: Beschreibung der Kanzleistruktur, Qualifikationen und Erfahrungen des Teams, eventuell Hierarchie und Rollenverteilung
  • Marketingstrategie: Geplante Marketingmaßnahmen zur Bekanntmachung der Kanzlei vor allem im Bereich Online-Marketing (Google Unternehmensprofil als digitale Visitenkarte, Website etc.)
  • Finanzplanung: Umsatzprognosen und Kostenplanung, Finanzierungsplan, Rentabilitätsanalyse und Liquiditäts-Forecast
  • Anhang: Lebensläufe der Teammitglieder, Verträge und rechtliche Dokumente, weitere relevante Informationen

Ein gut durchdachter Businessplan ist das Fundament für eine erfolgreiche Kanzleigründung. Er hilft Ihnen, Ihre Ziele klar zu definieren, potenzielle Risiken zu identifizieren und eine solide Grundlage für die Zukunft Ihrer Kanzlei zu schaffen. Je nach Zielgruppe – für Kreditgeber / Investoren, potenzielle Partner, nur für die eigene Strategie – kann der Businessplan durchaus auch unterschiedliche Schwerpunkte haben.



Anne

Anne

Anne hat Medien- und Wirtschaftswissenschaften studiert und in verschiedenen Print- & TV-Redaktionen gearbeitet, für Produktionsfirmen und als Producer. Bei der DAHAG schreibt sie unter anderem Online-Ratgeber zu diversen juristischen Themen.

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