Kanzlei in der Privatwohnung – Chancen, Risiken und praktische Tipps

Die Kanzlei direkt in der eigenen Wohnung ist für viele Anwält:innen ein reizvolles Konzept. In Sekundenschnelle vom Frühstückstisch an den Schreibtisch, keine Extrakosten für Kanzleimiete – das klingt verlockend. Doch ganz so einfach ist es in der Regel nicht. Denn eine Kanzlei in der Privatwohnung wirft rechtliche, organisatorische und praktische Fragen auf. Wir zeigen Ihnen die Vor- und Nachteile und erklären, worauf Sie achten müssen.
Inhalt
Rechtliche Rahmenbedingungen
Grundsätzlich können Anwältinnen und Anwälte, ihre Kanzlei in der eigenen Wohnung führen. Die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) schreibt lediglich vor, dass zugelassene Anwält:innen „eine Kanzlei einrichten und unterhalten“ müssen (§27 Abs. 1).
Ein wenig mehr Kontext liefern die Berufsordnung für Rechtsanwälte (§ 5 BORA) und die ständige Rechtsprechung. Daraus ergeben sich folgende Anforderungen:
- Eine ladungsfähige Adresse
- Ein Kanzleischild
- Ein betrieblicher Telefonanschluss
- Ein Briefkasten
Das Anbringen von Briefkasten und Kanzleischild sollten Sie vorab mit Ihrem Vermieter abklären. Auch wenn Sie planen, Mandant:innen in Ihrer Kanzlei zu empfangen, sollten Sie vorab Rücksprache halten. Für eventuellen Publikumsverkehr müssen Sie gesetzliche Bestimmungen wie sanitäre Einrichtungen, Feuerschutztüren und Fluchtwege auch in Ihrer Wohnzimmerkanzlei gewährleisten können.
Datenschutz und Vertraulichkeit
Anwältinnen und Anwälte sind zur Verschwiegenheit verpflichtet – egal, ob sie in einer Großkanzlei oder in den eigenen vier Wänden arbeiten. Wer seine Kanzlei in der Privatwohnung führt, sollte deshalb besonderen Wert auf Sicherheit legen. Mandantenakten dürfen niemals offen herumliegen, sondern gehören in verschließbare Aktenschränke.
Auch bei der IT-Ausstattung gilt: Berufliche Daten sollten von privaten Geräten getrennt werden. Ein eigener Laptop oder PC für die Kanzlei, sichere Passwörter und Verschlüsselung sind Pflicht. Ebenso wichtig ist ein stabiles und geschütztes Netzwerk.
Neben den technischen Fragen spielt auch die Organisation im Alltag eine Rolle: Familienmitglieder oder Mitbewohner dürfen keinen Zugriff auf Akten oder Mandantendaten haben. Wer Besuch empfängt, sollte darauf achten, dass sensible Unterlagen nicht sichtbar sind. So bleibt die Vertraulichkeit jederzeit gewahrt – und Mandanten können sicher sein, dass ihre Daten auch im heimischen Büro bestens geschützt sind.
Steuerliche und mietrechtliche Aspekte
Wer seine Kanzlei in der eigenen Wohnung führt, kann steuerlich profitieren – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Ein häusliches Arbeitszimmer lässt sich beim Finanzamt absetzen, wenn es nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird. Wichtig ist also ein klar abgetrennter Raum, der nicht gleichzeitig als Gästezimmer oder Wohnzimmer dient. Nur dann erkennt das Finanzamt die Kosten an, etwa anteilig für Miete, Strom oder Heizung.
Auch mietrechtlich sollte man aufmerksam sein: In vielen Mietverträgen ist festgelegt, dass die Wohnung nicht ohne Zustimmung des Vermieters gewerblich genutzt werden darf. Zwar handelt es sich bei einer Anwaltskanzlei um eine eher leise Tätigkeit, trotzdem empfiehlt es sich, den Vermieter einzubeziehen, um späteren Ärger zu vermeiden
Nicht zu unterschätzen ist zudem das Thema Versicherung. Wer Mandanten in seiner Privatwohnung empfängt, sollte prüfen, ob die Hausrat- oder Haftpflichtversicherung mögliche Schäden abdeckt – oder ob zusätzlicher Schutz sinnvoll ist. Die Berufshaftpflichtversicherung für Anwälte bleibt ohnehin Pflicht, unabhängig davon, ob Sie im Büro oder zu Hause arbeiten.
Flexibilität und Abgrenzung
Eine Wohnzimmerkanzlei bietet maximale Flexibilität: Kein Arbeitsweg, schnelle Verfügbarkeit und die Möglichkeit, den Arbeitstag freier zu gestalten. Gleichzeitig ist die klare Trennung von Beruf und Privat oft eine Herausforderung. Wer keine festen Arbeitszeiten einhält oder den Arbeitsplatz nicht räumlich abgrenzt, läuft Gefahr, ständig „im Dienst“ zu sein. Umso wichtiger sind klare Routinen, feste Zeiten und – wenn möglich – ein eigener Kanzleiraum, der nach Feierabend auch tatsächlich geschlossen bleibt.
Sie möchten noch mehr über die unterschiedlichen Möglichkeiten einer Kanzlei erfahren? In unserem Ratgeber Homeoffice und Coworking: Berufsrechtliche Aspekte für Anwält:innen gehen wir auf verschieden Modelle und deren Spezifikationen ein.
Kanzlei in der Privatwohnung – Pro & Contra
Vorteile:
- Kostenersparnis: Keine zusätzlichen Miet- oder Bürokosten.
- Flexibilität: Arbeitswege entfallen, Arbeitszeiten lassen sich freier gestalten.
- Kurze Wege: Alles an einem Ort – praktisch für Einzelanwälte oder Berufseinsteiger.
- Steuerliche Vorteile: Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers (bei klarer Trennung).
- Ruhe und Konzentration: Weniger Ablenkung als in größeren Bürogemeinschaften
Nachteile:
- Außenwirkung: Manche Mandanten empfinden eine Privatadresse als unprofessionell.
- Trennung von Beruf und Privat: Gefahr der ständigen Erreichbarkeit und fehlender Distanz
- Datenschutzrisiken: Erhöhter Aufwand, um Vertraulichkeit und IT-Sicherheit sicherzustellen
- Mietrechtliche Einschränkungen: Zustimmung des Vermieters kann erforderlich sein
- Versicherungsfragen: Zusätzlicher Absicherungsbedarf bei Mandantenverkehr