Koalitionsvertrag 2025: Was auf Anwaltskanzleien zukommt

Veröffentlicht von Anne am

Koalitionsvertrag 2025: Was Anwaltskanzleien wissen müssen

Der Koalitionsvertrag 2025 der neuen Bundesregierung sieht weitreichende Reformen zur Modernisierung von Gesetzgebung, Justiz und Verwaltung vor. Anwaltskanzleien sind von zahlreichen geplanten Maßnahmen betroffen: von der Digitalisierung der Justiz über veränderte Verfahrensregeln bis hin zu Änderungen im Wirtschafts- und Familienrecht.

Koalitionspläne für Gesetzgebung und Verwaltung

Die Koalition plant eine systematischere Gesetzgebung: Entwürfe sollen künftig besser strukturiert, sprachlich klarer und messbarer sein. Dazu sollen Praxischecks eingeführt werden und Erfolgskriterien, um die Wirksamkeit von Gesetzen zu überprüfen. Außerdem sollen Verwaltungen mehr Gestaltungsfreiheit bekommen, neue Ansätze in sogenannten „Reallaboren“ auszuprobieren – dafür ist sogar ein eigenes „Bundesexperimentiergesetz“ geplant. Auch das Verwaltungssystem selbst soll moderner und leistungsorientierter werden.

Damit will die Koalition Bürokratie abbauen und die Gesetzgebung nutzerfreundlicher für die Bürger:innen gestalten. Für Anwält:innen kann dies perspektivisch eine höhere Qualität von Gesetzen bedeuten, was die tägliche Arbeit mit neuen Vorschriften erleichtern könnte.

Digitalisierung der Justiz im Koalitionsvertrag

Die Justiz soll moderner und schneller werden: Die Koalition plant nicht nur eine umfassendere, sondern eine „bessere“ Digitalisierung – auch mit Künstlicher Intelligenz – sowie schnellere Verfahren und mehr Personal. Eine Bundesjustizcloud und ein neues Bundes-Länder-Justizportal, mit einer Kommunikationsplattform, einem digitalen Vollstreckungsregister und digitalen Beweisverzeichnis sowie verschiedene Bürgerservices sollen den digitalen Zugang zum Recht erleichtern – vor allem für Bürger:innen und kleine Unternehmen. Zur Stärkung der Amtsgerichte ist eine deutliche Anhebung des Zuständigkeitsstreitwertes vorgesehen.

Die konsequente Digitalisierung der Justiz und dazu nötige Anpassung der Verfahrensordnung ist ein wichtiges Anliegen der Koalition. Insbesondere in der Zivilgerichtsbarkeit (ZPO), der Verwaltungsgerichtsbarkeit (VwGO) und im Strafprozessrecht (StPO) sind tiefgreifende Änderungen vorgesehen: Verfahren sollen schneller und effizienter gestaltet, Online-Gerichtsverfahren in bürgerlichen Streitigkeiten ausgebaut und die Erreichbarkeit der zweiten Instanz eingeschränkt werden.

Für Anwaltskanzleien bedeutet dies kurzfristig erheblichen Anpassungsbedarf: Investitionen in technische Infrastruktur und Schulungen im Umgang mit neuen digitalen Prozessen werden unausweichlich. Langfristig könnten effizientere Verfahrensabläufe jedoch auch zu einer Entlastung und verbesserten Planbarkeit führen.

Wirtschafts-, Arbeits- und Familienrecht – was plant die Koalition

Auch im Wirtschaftsrecht sind Neuerungen geplant: Die Koalition will Unternehmen, besonders kleine und mittlere (KMU), vor allem von Bürokratie entlasten – etwa durch weniger Dokumentations- und Schulungspflichten. Das Lieferkettengesetz soll abgeschafft und durch ein einfacheres, EU-konformes Gesetz ersetzt werden. Außerdem ist eine Reform des AGB-Rechts geplant, damit große Unternehmen mehr Vertragsfreiheit bekommen und diese auch von Gerichten anerkannt wird.

Die Koalition plant wichtige Reformen im Gesellschafts-, Arbeits- und Urheberrecht: Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung soll einfach und mit Ausnahmen für kleinere Betriebe geregelt werden. Gleichzeitig will die Koalition Gleichstellung am Arbeitsplatz bis 2030 vorantreiben und Kreative besser vor Ausbeutung durch KI und Streamingdienste schützen. Auch Betreuerinnen und Betreuer sowie Opfer von Diskriminierung sollen gestärkt werden.

Im Familienrecht sind Reformen im Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrecht angekündigt, was Beratungsbedarf bei privaten Mandanten erhöhen dürfte.

Strafrecht und Migration im Koalitionsvertrag

Die geplanten Maßnahmen im Asyl- und Strafrecht zeigen eine klare Linie: mehr Kontrolle, schnellere Asylverfahren und mehr Effizienz. Ausländer, die wegen schwerer Straftaten wie Gewalttaten, Angriffen auf Polizist:innen oder Volksverhetzung verurteilt wurden, sollen künftig in der Regel abgeschoben werden. Um Abschiebungen schneller durchzusetzen, will die Koalition den verpflichtenden Rechtsbeistand abschaffen und ermöglichen, dass Gefährder und Straftäter dauerhaft in Haft genommen werden können, bis sie das Land verlassen. Gleichzeitig setzt die Koalition aber auch auf bessere Integration für anerkannte Geflüchtete und Schutzbedürftige.

Die Koalition will dem Staat mehr Befugnisse bei der Strafverfolgung geben: Überwachung von Telefonen und Computern soll bei mehr Straftaten erlaubt werden, auch automatisierte Gesichtserkennung soll bei schweren Verbrechen eingesetzt werden dürfen. Zudem ist an Orten mit viel Kriminalität eine verstärkte Videoüberwachung geplant.

Im Cyber-Strafrecht plant die Regierung strengere Regeln gegen Deepfakes: Wer solche täuschenden Inhalte verbreitet, soll künftig klar bestraft werden können. Auch Plattformen wie soziale Netzwerke sollen stärker in die Verantwortung genommen und bei Untätigkeit mit Strafen belegt werden, wenn sie rechtswidrige Inhalte nicht schnell löschen.

Deutscher Anwaltverein (DAV) bewertet Koalitionspläne

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) sieht die Pläne zur besseren Gesetzgebung und zur Digitalisierung der Justiz grundsätzlich positiv. Auch die Stärkung von Innovation und Effizienz wird begrüßt. Kritisch sieht der DAV jedoch die Tendenz zu einer „Law-and-Order“-Politik durch den Ausbau staatlicher Befugnisse.

Fazit für Kanzleien

Die Pläne der Koalition könnten für Anwaltskanzleien spürbare Veränderungen bedeuten. Kurzfristig werden erhöhte Anforderungen an Technik und Organisation entstehen. Mittel- bis langfristig können sich jedoch auch Chancen durch effizientere Verfahren und neue Beratungsfelder eröffnen, etwa im Wirtschafts- und Familienrecht. Eine frühzeitige strategische Anpassung an die Digitalisierung und neue gesetzliche Anforderungen ist dringend zu empfehlen.


Anne

Anne

Anne hat Medien- und Wirtschaftswissenschaften studiert und in verschiedenen Print- & TV-Redaktionen gearbeitet, für Produktionsfirmen und als Producer. Bei der DAHAG schreibt sie unter anderem Online-Ratgeber zu diversen juristischen Themen.

0 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Avatar placeholder

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert