Besser Sprechen: Rhetorik-Tipps für (angehende) Anwältinnen und Anwälte

Veröffentlicht von Dennis am

Frau im blauen Blazer arbeitet am Laptop und lächelt in die Kamera.

Frisch von der Uni und noch nie mit einer Bundesrichterin oder einem Staatsanwalt gesprochen? Oder fühlen Sie sich generell unsicher, wenn Sie mit anderen ins Gespräch treten? Kein Grund zur Panik. Mit ein paar kleinen Tricks punkten Sie vor Ihrem Gegenüber.

Auf die richtige Rhetorik kommt es an

Egal ob der charismatische Verteidiger aus „Die Jury“ oder die schlagfertige Anwältin aus „Ally McBeal“ – in Filmen und Serien treten Juristinnen und Juristen selbstbewusst, überzeugend und wortgewandt auf. Dass es neben dem Fachwissen auch auf diese Fähigkeiten ankommt, wird im Jura-Studium allerdings häufig vergessen.

Berufsrisiko: Komplizierte Sprache

Um Gesetzestexte, Richtlinien und Urteile richtig zu interpretieren, muss man es mit den Worten genau nehmen. Nicht ohne Grund dröseln Studierende in Klausuren und Hausarbeiten Rechtsfälle bis ins kleinste Detail auf. Wischi-Waschi-Formulierungen sind hier fehl am Platz. Vielmehr ist typisches Juristendeutsch gefragt, das alle Argumente und Eventualitäten auf den Tisch bringt. Die Folge? Komplizierte Schachtelsätze, Partizipialkonstruktionen und Substantivierungen fließen locker von der Hand und schleichen sich in den Sprachstil mit ein.

Dabei ist es aber vor allem für angehende Juristinnen und Juristen wichtig, auch rhetorisch zu glänzen. Denn egal ob in Gesprächen mit Mandantinnen und Mandanten oder bei der Verteidigung vor Gericht – auf das Fachwissen allein kommt es nicht an, man muss es auch überzeugend rüberbringen.

Praxis-Tipps: Wie Sie mit Ihrer Sprache überzeugen

Doch neben den typischen Lerninhalten wie „Allgemeine Staatslehre“, „Römische Rechtsgeschichte“ oder „Gesetzliche Schuldverhältnisse“ kommt Rhetorik im Jura-Studium eher zu kurz. Aber keine Sorge! Wir verraten Ihnen, wie Sie Ihre rhetorischen Fähigkeiten trainieren – sei es, während eines Telefonats, bei dem Sie bewusst langsamer sprechen oder in einer Diskussion, bei der Sie Ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen direkt anschauen.   

In der Kürze liegt die Würze

Beim Zuhören verarbeitet das Gehirn lange und komplizierte Sätze nur langsam. Möchten Sie sicher gehen, dass Ihr Gegenüber Sie versteht, dann sprechen Sie in kurzen und klaren Sätzen. Untermauen Sie Ihre Argumentation mit Vergleichen und Beispielen. So wird jeder noch so komplizierte Sachverhalt greifbar.

Einfachheit geht vor

Generell gilt: Je größer der Wortschatz, desto leichter fällt das Reden. Aber passen Sie sich Ihrem Gegenüber sprachlich an und verwenden Sie einfache, aber dafür klare Worte. Fach- und Fremdwörter lassen in der Regel Fragezeichen im Kopf Ihrer Mandantinnen und Mandanten aufpoppen. Falls Fachwörter dennoch notwendig sind, erklären Sie diese. Ihr Gegenüber wird es Ihnen danken.

Vermeiden Sie Füllwörter und Weichmacher

Verzichten Sie auch auf Füllwörter, Weichmacher und Konjunktionen. Besteht Ihr Satz nur aus „könnte“, „würde“, „hätte“, „ähm“ und „vielleicht“ wirkt das unsicher und wenig überzeugend.

Drosseln Sie die Geschwindigkeit

Auch auf die Geschwindigkeit kommt es beim Reden an. Schnelles Sprechen wirkt hektisch und nervös. Ihr Gegenüber kann Ihnen dann kaum folgen und schweift im schlimmsten Fall ab. Seien Sie sich bewusst, dass Sie selbst Ihre Gedanken schon kennen, Ihr Gegenüber jedoch noch nicht. Sprudeln die Worte aus Ihnen häufig zu schnell heraus, dann versuchen Sie, die Geschwindigkeit etwas zu drosseln. Aber Vorsicht: Zu langsam sollten Sie auch nicht sprechen. Das wirkt in der Regel träge und langweilig.

Gönnen Sie sich mal eine Pause

Um sich in Ihrer Geschwindigkeit zu zügeln, legen Sie einfach ein paar Pausen ein. Auch wenn sich diese unangenehm anfühlen, halten Sie sie trotzdem aus. Denn mit dem richtigen Einsatz erzeugen Sie Spannung, betonen Ihr Argument und geben Ihrem Gegenüber Zeit, die Infos besser zu verarbeiten.

Trauen Sie sich, Ihre Stimme zu erheben

Die Lautstärke Ihrer Worte ist entscheidend darüber, wie glaubhaft und kompetent Sie bei anderen ankommen. Leise Stimmen wirken unsicher und sind obendrein auch schwer zu verstehen. Werden Sie häufig überhört, dann versuchen Sie lauter als gewöhnlich zu sprechen – auch wenn es sich anfangs übertrieben anfühlt. Doch auch hier ist wieder das richtige Maß gefragt: Zu laute Stimmen können schnell dominant und aufdringlich wirken.

Neben der Lautstärke ist auch die Stimmlage entscheidend. Vor allem tiefe Stimmen wirken angenehm und beruhigend. Besonders hohe Stimmen wirken hingegen schrill und unangenehm. Haben Sie von Natur aus eine hohe Stimme, dann ist langsames Sprechen für Sie besonders wichtig. So können Sie sich die Zeit nehmen, durch den Bauch zu atmen und Ihre Stimme wird automatisch tiefer.

Sie können nicht nicht kommunizieren

Selbst wenn Sie Ihrem Gegenüber gerade nur zuhören und nichts zu sagen haben, kommunizieren Sie – und zwar durch Ihre Körpersprache. Achten Sie deshalb immer auf Ihre Gestik und Mimik. Ein fester und aufrechter Stand strahlt zum Beispiel Selbstbewusstsein aus, wohingegen ein ständiges hin und her wippen mit den Füßen nervös oder ungeduldig wirkt. Auch die Augen sprechen ihre Sprache. Halten Sie deshalb mit Ihrem Gegenüber Blickkontakt und schenken Sie ihm auch mal ein Lächeln.    

Bleiben Sie authentisch und zeigen Sie Ihre Emotionen

Prinzipiell gilt: Verstellen Sie sich nicht beim Sprechen und sagen Sie auch nichts, von dem Sie nicht wirklich überzeugt sind. Ihr Gegenüber wird es Ihnen anmerken. Zeigen Sie stattdessen Ihre Emotionen, wenn Sie zum Beispiel empört, begeistert oder auch enttäuscht sind. So ziehen Sie Ihre Zuhörerinnen und Zuhörer in den Bann.

Übrigens: An vielen Unis gibt es Debattier-Clubs oder Rhetorik-Seminare, in denen Studierende sich im Umgang mit verschiedenen rhetorischen Mitteln ausprobieren und lernen, wie man richtig argumentiert. Ideal für angehende Anwältinnen und Anwälte.


Dennis

Dennis

Dennis schreibt seit 2005 ins Internet: erst privat, dann für verschiedene Buchverlage und seit 2018 für die DAHAG. Seine Leidenschaft gilt Erbrechts- und Vorsorgethemen, insbesondere Fragen des digitalen Nachlasses.

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