Aktenstapel sind so 90er – Lösungen für die digitale Aktenverwaltung in Anwaltskanzleien
Das Archiv platzt aus allen Nähten, der Schreibtisch ächzt unter der Last unzähliger Papierstapel, die bearbeitet werden müssen. Gleichzeitig scannen Sie Dokumente, beantworten E-Mails und versenden Schriftsätze über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA). Diese Mischung aus analogem und digitalem Arbeiten schafft nicht nur Mehrarbeit, sondern kostet auch Nerven. Konfrontiert mit einer Vielzahl an Lösungen für das digitale Büro fragen Sie sich nun: Ist so ein papierloser Arbeitsalltag überhaupt möglich?
Inhalt
Digitale Transformation – bringt das Anwält:innen was?
Die digitale Transformation hat mittlerweile alle Lebensbereiche erfasst und selbstverständlich auch vor Ihrer Kanzlei keinen Halt gemacht. Vieles, was Sie früher händisch bereitstellen mussten, läuft nun digital. Seit dem Jahreswechsel 2022 beispielsweise sind Anwält:innen gemäß § 130d ZPO verpflichtet, Schriftsätze elektronisch zu übermitteln, in der Regel über das beA. Diese gesetzliche Vorgabe schafft nicht nur einen sicheren Kommunikationskorridor, sondern bietet Ihnen als Anwalt auch zahlreiche Vorteile, die Ihre tägliche Arbeit erleichtern. Mit beA haben Sie ein wichtiges Werkzeug an der Hand um effizienter mit Justiz, Behörden und Kolleg:innen zu kommunizieren. Durch digitale Aktenführung können Sie dieses System optimal ergänzen und in den Workflow integrieren. Die Implementierung digitaler Akten in den Arbeitsalltag ermöglicht es Ihnen, nahtlos mit dem beA zu arbeiten, zeitintensive Arbeitsprozesse zu beschleunigen und die Sicherheit Ihrer Daten zu erhöhen . Dadurch kann die Effizienz Ihrer Kanzlei maßgeblich gesteigert werden.
Grundlagen der digitalen Aktenführung in Kanzleien
Die elektronische Aktenführung ist mehr als nur ein Trend – sie ist die Zukunft der Kanzleiorganisation und bietet zahlreiche Vorteile gegenüber der traditionellen Papierakte. Wer kennt nicht das Gefühl von überfüllten Schränken und Regalen schier erdrückt zu werden? Oder das befreiende Gefühl sich angesammelter Altlasten zu entledigen? Der Einsatz von Dokumentenmanagement-Systemen kann Ihnen dabei helfen, einmal „gründlich aufzuräumen“. Anstatt mühsam in überfüllten Archiven zu kramen oder stetig wachsende Akten zu durchblättern, können Sie und Ihre Mitarbeiter:innen schnell und einfach auf Dokumente zugreifen. Die digitale Aktenverwaltung bietet Ihnen die Möglichkeit beispielsweise durch eine erweiterte Suchfunktion schneller auf relevante Informationen zuzugreifen und verbessert den Überblick über Ihre Fälle.
Gleichzeitig reduziert sie durch elektronische Archivierung physischen Platz. So können Sie einen elementaren Arbeitsprozess in Ihrer Kanzlei optimieren und sich stärker auf die juristische Beratung Ihrer Mandantschaft konzentrieren. Für die Umstellung auf digitale Aktenführung sind jedoch bestimmte technische Voraussetzungen notwendig. Dazu gehören zuverlässige Computer, Scanner und – wer keine Ordnerstrukturen selbst anlegen möchte – in der Regel ein spezialisierte Softwarelösung, die eine sichere Dokumentenverwaltung und -übertragung gewährleistet.
Zusätzlich müssen Mitarbeiter:innen entsprechend geschult werden, um den Umgang mit den neuen Systemen zu beherrschen und die Vorteile der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Dazu sollten Sie auch ein wachsames Auge auf Datensicherheit haben, um vertrauliche Informationen ausreichend zu schützen und Ihrer Verschwiegenheitspflicht nach § 43a Abs. 2 BRAO nachzukommen. Vorsicht ist auch bei der Archivierung geboten: Die Aufbewahrungspflicht gilt auch für digitale Akten. Zudem müssen Sie etwaige Originaldokumente auch nach dem elektronischen Einlesen aufbewahren und auf Verlangen an die Mandantschaft herausgeben.
Implementierung eines digitalen Workflows in die Anwaltsarbeit
Die Umstellung auf einen digitalen Workflow erfordert sorgfältige Planung und Überlegung. Zunächst sollten Sie sich einige Fragen stellen. Welche Arbeitsschritte sind zeitintensiv? Welche Prozesse möchte ich umstellen? In welchem Umfang möchte ich digital arbeiten? Sie können also beginnen, bestehende Arbeitsprozesse zunächst einmal zu analysieren und herauszufinden, welche sich am besten für die Digitalisierung eignen.
Denken Sie dabei an Prozesse wie Dokumentenmanagement, Posteingang und Kommunikation. Häufig lassen sich beispielsweise Ihre E-Mailpostfächer nahtlos in eine Softwarelösung integrieren. Auch Scanner und Faxgeräte lassen sich meist problemlos einbinden, sodass auch analog eingehende Post und Druckschriften einfach Ihrer elektronischen Akte hinzugefügt werden können. Dazu bieten viele Programme Lösungen zur Aufgabenverteilung. So weiß jeder stets, welche Arbeit zu tun ist. Best Practice könnte eine Step-by-Step Einführung sein. Durch eine schrittweise Einführung digitaler Prozesse verhindern Sie eine „ad hoc-Umstellung“ bestehender und bewährter Prozesse und erleichtern sich und Ihren Mitarbeiter:innen die Anpassung. Beginnen Sie beispielsweise damit, neue Mandate in einen digitalen Workflow zu integrieren und erweitern Sie diesen nach und nach. Bestehende Mandate behalten Sie bei und erleichtern sich durch diese Hybridlösung ihre eigene digitale Transformation.
Herausforderungen auf dem Weg zu digitalen Kanzlei
Machen wir uns nichts vor: Die Digitalisierung wird sowohl technische als auch menschliche Herausforderungen mit sich bringen, auf die Sie gefasst sein sollten. Technisch gesehen müssen neue Systeme und Softwarelösungen in oft seit Jahren bestehende und funktionierende Infrastrukturen integriert werden, was nicht selten mit Kosten und Zeitaufwand verbunden ist. Auf der menschlichen Seite stehen Sie als Anwälte und besonders auch Ihre Mitarbeiter vor der Aufgabe, neue Arbeitsweisen zu erlernen und alte Gewohnheiten abzulegen. Dies kann Widerstand hervorrufen, der durch gezielte Schulungen und Informationskampagnen überwunden werden muss. So können Sie langfristig sicherstellen, dass Ihre Mitarbeiter:innen mit den neuen Systemen vertraut sind und deren Vorteile voll ausschöpfen können.
Bei all den Herausforderungen mag das Argument „never change a running system“ auf den ersten Blick vernünftig erscheinen, da es die Vermeidung von Risiken und Unsicherheiten suggeriert. Doch in einer sich schnell wandelnden Welt kann das Festhalten an bestehenden Systemen langfristig zu einem Wettbewerbsnachteil führen. Innovation und Fortschritt erfordern Veränderungen. Digitale Prozesse bieten nicht nur einen Effizienzgewinn, sondern auch die Möglichkeit, den steigenden Anforderungen der Mandant:innen gerecht zu werden und die Kanzlei zukunftssicher aufzustellen.
Planung, Schulung, Umstellung … lohnt sich der Aufwand?
Die Umstellung auf ein papierloses Büro mag auf den ersten Blick mit erheblichem Aufwand verbunden sein, doch die langfristigen Vorteile können diesen Einsatz rechtfertigen. Obwohl Papier in naher Zukunft nicht komplett verschwinden wird, deutet alles auf ein hybrides Arbeiten hin, bei dem digitale und analoge Prozesse koexistieren. Langfristig gesehen wird der papierlose Arbeitsalltag jedoch immer wahrscheinlicher. Die Zukunft der Kanzleiarbeit ist digital – und der Wandel beginnt jetzt. Vorteile wie Zeitersparnis, Platzreduktion und besserer Zugriff auf Dokumente könnten für Sie Argumente sein, Ihre Kanzlei fit für die Zukunft zu gestalten.
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