ChatGPT in der Kanzlei nutzen: Eine einfache Anleitung
Künstliche Intelligenz revolutioniert zunehmend den Arbeitsalltag – und das gilt auch für die Rechtsbranche. In einer Zeit, in der Texte und präzise Kommunikation essenziell sind, bietet ChatGPT die Möglichkeit, als digitaler Assistent für Anwält:innen zu agieren. In diesem Ratgeber erfahren Sie, warum ChatGPT für Ihre juristische Arbeit relevant ist, wie Sie den Einstieg meistern und welche vielseitigen Einsatzmöglichkeiten der KI-Assistent bietet.
Inhalt
Was ist ChatGPT?
ChatGPT ist ein Chatbot auf Basis künstlicher Intelligenz. Sie können dem Programm unter anderem Fragen stellen oder Text erstellen bzw. zusammenfassen lassen. Der große Unterschied zu Google und Co.: Das System versteht natürliche Sprache und antwortet auch in dieser. Längere Konversationen mit Rückfragen und Änderungswünschen sind damit kein Problem.
Und warum ist das für meine Kanzleitätigkeit relevant?
Von Anwaltsschreiben über Mandanten-Mails bis hin zu Gesetzestexten: Im Anwaltsberuf ist Text in jeglicher Form an der Tagesordnung, weshalb Sie ChatGPT hier als eine Art digitalen Assistenten einsetzen können.
Das Beste daran: Die Nutzung von ChatGPT ist aktuell kostenlos. Probieren Sie es einfach selbst aus und lassen Sie sich von Ihrem digitalen Assistenten unter die Arme greifen!
Wir verraten Ihnen, wie es geht und unterstützen Sie bei den ersten Schritten.
Wie kann ich mich bei ChatGPT anmelden?
Rufen Sie folgende Internetseite auf: https://chat.openai.com/
Erstellen Sie sich nun ein kostenfreies Konto (sie müssen dafür lediglich Ihre E-Mail-Adresse, Ihre Mobilnummer sowie Name und Geburtsdatum angeben).
Haben Sie das Konto erfolgreich erstellt, können Sie loslegen und Ihre „Prompts“ (= Eingabebefehle) in das Chatfenster eingeben.
Welche Einstellungen sind wichtig?
Aus Datenschutzgründen empfiehlt es sich, die Funktion „Chat history & training“ zu deaktivieren. Damit soll verhindert werden, dass Eingaben von ChatGPT gespeichert und zu Trainingszwecken der KI weiterverarbeitet werden.
So funktionierts:
Wenn Sie sich angemeldet haben, klicken Sie in der unteren linken Ecke auf die drei Punkte neben Ihrem Konto und anschließend auf „Settings“.
Die besagte Funktion finden Sie unter „Data Controls“. Sie sehen, dass der Schieberegler standardmäßig auf grün steht. Klicken Sie darauf, um „Chat history & training“ zu deaktivieren.
Beachten Sie jedoch, dass Ihre Chatverläufe nun auch nicht mehr in Ihrem Konto zwischengespeichert werden. Das bedeutet, Sie können zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr darauf zugreifen, sobald Sie Ihre Sitzung beendet haben.
Wichtiger Hinweis: Auch wenn Sie „Chat history & training“ deaktiviert haben, ist weiterhin Vorsicht geboten. Personenbezogene oder sonstige sensible Daten sollten trotz dieser Maßnahme niemals eingegeben werden!
Kann ich den Antworten von ChatGPT vertrauen?
ChatGPT ist keine Wahrheitsmaschine, sondern arbeitet auf Basis von Wahrscheinlichkeiten. Deshalb kann es vorkommen, dass hin und wieder Falschinformationen ausgegeben werden (man spricht in diesem Fall vom „Halluzinieren“ der KI). Gerade wenn die KI auf bestimmte Quellen wie Urteile oder Aktenzeichen verweist, sollten Sie diese unbedingt gegenprüfen.
Tipp: Mit dem sogenannten „Temperature Paramater“ können Sie die Gefahr, dass ChatGPT halluziniert, ein wenig eindämmen. Der Parameter reicht von 0.0 bis 1.0 – dabei gilt: je höher der Wert, desto kreativer, aber auch fehleranfälliger die Antwort. Es empfiehlt sich daher, den Parameter immer auf den niedrigsten Wert zu setzen (sofern Sie keine Gedichte mit ChatGPT schreiben wollen). Geben Sie hierfür einfach am Ende Ihres Prompts „temperature 0.0“ ein, z. B. „Entwirf ein anwaltliches Schreiben zum Fall XY. temperature 0.0“. Bitte beachten Sie: Auch ein niedriger Temperature Parameter ist kein Garant dafür, dass alle Antworten von ChatGPT wahrheitsgetreu ausfallen!
Wie formuliere ich einen guten Prompt?
Eine Sammlung von bewährten Prompts speziell für das Kanzleigeschäft finden Sie beispielsweise hier: https://www.ki-in-kanzleien.de/chatgpt-prompts/
Außerdem können Sie sich folgende Regeln merken:
- Achten Sie auf eine möglichst saubere Grammatik. Das erleichtert ChatGPT die Verarbeitung Ihres Prompts.
- Je konkreter und präziser der Prompt formuliert ist, desto besser stehen die Chancen auf guten Output. Geben Sie der KI möglichst viel Kontext, erklären Sie die Umstände und machen Sie klar, aus welcher Perspektive Sie schreiben.
- Sehen Sie den Chatbot als Gesprächspartner: Wenn Sie mit einer Antwort nicht zufrieden sein sollten, haken Sie nach! So können Sie sich Stück für Stück an Ihr gewünschtes Resultat herantasten.
Bei welchen Aufgaben kann mir ChatGPT behilflich sein?
ChatGPT kann für Sie beispielsweise…
- Texte umschreiben, gliedern oder zusammenfassen
- Standardschreiben oder Büroalltags-Mails vorentwerfen
- Inspirationen oder Formulierungshilfen liefern
ChatGPT kann jedoch keine komplexe juristische Fallbearbeitung und keine empathische Rechtsberatung leisten (potenzielle Ausnahme: Standardfälle mit simpler, eindeutiger Rechtslage).
Ein paar Anwendungsbeispiele in der Kanzlei
1. Juristische Texte vereinfachen und zusammenfassen
Beispiel: „Schreibe eine leicht verständliche Erklärung von Körperschaftssteuergesetz § 8b, vermeide bei der Erklärung juristische Fachbegriffe, drücke dich allgemeinverständlich aus. Stelle an den Anfang eine ganz simple Einleitung ohne juristische Fachbegriffe, die Sinn und Zweck des größeren Kontexts erklärt.“
2. Juristendeutsch in einfache Sprache übersetzen
Beispiel: „Schreibe den folgenden Text in einfache Sprache um. Verwende kurze Sätze und vermeide, soweit wie möglich, juristische Fachbegriffe.
Soweit ein Tarifvertrag nicht für allgemeinverbindlich erklärt oder die Geltung für das individuelle Arbeitsverhältnis einzelarbeitsvertraglich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart wurde, gilt der jeweilige Tarifvertrag, der zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern verhandelt wurde, nur für die Mitglieder der Tarifvertragsparteien, also den Unternehmen, die Mitglied im aushandelnden Arbeitgeberverband sind und den Arbeitnehmern, die Mitglied in der jeweiligen Gewerkschaft sind.“
Leseempfehlung: Besser Sprechen: Rhetorik-Tipps für (angehende) Anwältinnen und Anwälte
3. E-Mails an Mandantinnen und Mandanten vorentwerfen
Beispiel: „Entwirf eine E-Mail an meine Mandantin XY, in der du auf das folgende verlinkte Urteil zustimmend Bezug nimmst und mitteilst, dass du dieses zur Kenntnisnahme weiterleitest – mit dem Angebot, hierüber noch einmal zu telefonieren, um die weitere Strategie zu besprechen.
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bgh-keine-mieterhoehung-durch-erneuerung-bereits-vorhandener-rauchmelder
4. Anwaltliche Schreiben vorentwerfen
Beispiel: „Frau XY war in Japan. Ihr Rückflug nach München ist wegen Fluglotsenstreik ausgefallen, sie musste zwei Tage später fliegen. Die Airline streitet in einem Schreiben jede Haftung wegen höherer Gewalt ab und bietet Frau XY als Trost einen Gutschein über 50 Euro an. Entwirf eine anwaltliche Antwort an die Airline, worin Du darlegst, warum deren Schreiben rechtlich verfehlt ist, weil sich schon nach einem einfachen Blick auf die Rechtslage klar ergibt, dass der Anspruch besteht. Füge eine juristische Argumentation in das Schreiben ein und zitiere Rechtsprechung und Gesetze. temperature 0.0“
5. Daten formatieren und strukturieren
Beispiel: „Erstelle aus der folgenden Liste eine Schadenaufstellung in Form einer Tabelle.“
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