Kein Faxgerät auf Reisen – beA-Störung entschuldigt Fristversäumnis
Das OLG Karlsruhe entschied, dass Anwälte und Anwältinnen bei einer Störung des beA auf Reisen nicht gezwungen sind, ein Faxgerät vorzuhalten. Fehlt eine Alternative, kann ein Fristversäumnis entschuldigt sein. (Urteil vom 05.10.2023 – 12 U 47/23)
Inhalt
beA-Störung führte zur Fristüberschreitung
Ein Rechtsanwalt, der für eine Rechtsschutzversicherung tätig war, musste in einem Berufungsverfahren gegen ein Versäumnisurteil vorgehen. Als die beA-Verbindung am letzten Tag der Einspruchsfrist ausfiel, befand er sich außerhalb seiner Kanzlei ohne Zugang zu einem Faxgerät. Die Option, den Schriftsatz per Computerfax zu versenden, kannte er nicht. Die Störung dauerte bis zum nächsten Vormittag an, sodass der Einspruch erst nach Fristablauf eingereicht werden konnte.
Beim Landgericht war die Berufung zunächst erfolglos, erst das OLG gab dem Wiedereinsetzungsantrag statt und entschied teilweise zugunsten der Versicherung.
Kein Faxgerät auf Reisen erforderlich
Das OLG Karlsruhe stellte klar, dass ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin grundsätzlich nicht verpflichtet ist, bei einer Störung des beA auf einen alternativen Versandweg wie Fax zurückzugreifen, insbesondere wenn ihm oder ihr dieser nicht zur Verfügung steht. Nach §130d Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) besteht die Möglichkeit, ein Dokument auf anderem Weg zu übermitteln, doch verpflichtet das Gesetz nicht dazu. Auch ein Computerfax sei nicht zwingend, wenn es bisher nicht genutzt wurde und nicht geläufig ist.
Die Karlsruher Richter unterstrichen, dass die Risiken technischer Störungen nicht auf Nutzer:innen abgewälzt werden dürfen. Anwälte und Anwältinnen dürften darauf vertrauen, Schriftsätze fristgerecht per beA zu versenden. Eine ständige Verfügbarkeit eines zweiten Versandweges sei nur dann zumutbar, wenn dieser keine erheblichen Zusatzaufwände erfordere.
Grundsätzlich könne die Einspruchsfrist laut OLG Karlsruhe bis zum letzten Tag ausgenutzt werden, allerdings sollten Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen eine ausreichende Zeitreserve einplanen.
Was Anwältinnen und Anwälte aus diesem Urteil mitnehmen können:
- Flexibilität bei beA-Störungen: Bei einer technischen Störung des beA sind Sie nicht automatisch verpflichtet, alternative Übermittlungswege wie Fax oder Computerfax bereitzuhalten.
- Zeitreserve einplanen: Sie können die Einspruchsfrist vollständig ausnutzen. Planen Sie jedoch eine Zeitreserve für eventuelle Störungen ein.
- Kein Faxgerät unterwegs notwendig: Auf Dienstreisen sind Sie nicht verpflichtet, ein Faxgerät oder vergleichbare Geräte parat zu haben.
- Risikoübertragung unzulässig: Laut OLG Karlsruhe dürfen technische Risiken der Übermittlung nicht pauschal auf die beA-Nutzer:innen abgewälzt werden.
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